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Männer haben von Frauen keine Ahnung?

24. Juni 2013   |   Gender, Wertschätzung

Innerhalb von zwei Wochen zweimal das gleiche traurige Thema.

Auf einer Veranstaltung habe ich den ersten und einzigen Gleichstellungsbeauftragten einer Uni kennengelernt. Ja, Sie haben richtig gelesen, ein Mann ist Gleichstellungsbeauftragter. Das ist an sich schon etwas besonderes, denn nur im Bundesland Sachsen ist es möglich, dass ein Mann diese Position einnehmen kann. In allen anderen Bundesländern ist es gesetzlich festgelegt, dass diese Position von einer Frau besetzt sein muss.

Es war schon super spannend zu hören, welchen Widerständen dieser Herr so begegnet. Viele Frauen sprechen ihm die Kompetenz ab, diese Rolle ausfüllen zu können.

Ich bin mittlerweile schon über 10 Jahre mit Diversity-Themen befasst und ich erhebe mit Recht nicht den Anspruch „Frauenversteher“ zu sein und alle Diskriminierungen rund um Genderfragen am eigenen Leib erfahren zu haben. Ich bin aber überzeugt, dass ich mir wegen der intensiven Beschäftigung mit diesem wichtigen Diversity-Aspekt sehr viel Kompetenz aufgebaut habe. Mir sind zudem auch schon viele Gleichstellungsbeauftragte begegnet, die durchaus fragwürdige Ansichten zu Geschlechterstereotypen, Diskriminierung und Schuldfragen haben, dass ich mir erlaube dem genannten Gleichstellungsbeauftragten deutlich mehr Kompetenz als manchen dieser Damen zuzuschreiben.

Das zweite Mal als mir das Thema aktuell begegnete, war ein persönliches Erlebnis. Eine Kollegin fragte auf einem Treffen, wer denn in zwei Tagen als Trainer auf einer Veranstaltung von ihr einspringen könnte. Sie frage auch mich ob ich ihr jemanden empfehlen könnte. Sie hätte „dabei nicht an mich gedacht, weil es eine Frau sein muss. Es gehe um Karrierecoaching für Frauen.“ Ich wäre für den angefragten Termin ohnehin nicht verfügbar gewesen, aber bin seitdem etwas verstört. Ich frage mich wie sehr schließen Gruppen, die gegen Ausschluss (z.B. aus Männernetzwerken) u. ä. kämpfen und versuchen die Vorteile von gemischten Teams aufzuzeigen, bewusst oder unbewusst genau „die anderen“ aus? Wie viele Chancen verbauen wir uns, weil wir nur auf uns selber schauen?

Ich kann verstehen, dass viele Frauen sehr leidliche Erfahrungen mit männlichen Führungskräften gemacht haben. Ich bin mir bewusst wie wichtig „persönliche Betroffenheit“ in manchen Fragestellungen hilft. Ich bin auch überzeugt von positiven Maßnahmen, ohne die bestimmte Gruppen keine Chance hätten.

Mich verwundert es aber wie wenig wir das leben was wir in unserer Arbeit von unserem Gegenüber, der „Männerwelt“, unseren Teilnehmern in Trainings und Kunden verlangen. Wir sind davon überzeugt, dass mehr Vielfalt in Teams Vorteile bringt, dass „unterrepräsentierte Gruppen“ Sponsoren brauchen und sich mit der anderen Seite vernetzen müssen, dass Frauenförderung ohne die Einbindung der Männer nicht gelingen kann.  Geht es nicht ganz stark um das Aufdecken von Stereotypen und Hinterfragen von Vorurteilen? Ich nehme mich hier nicht aus. Ich ertappe mich auch wie ganz unbewusst solche Muster bei mir wirken. Diversity Management und dahinterliegende Programme dürfen aus meiner Sicht nicht die Abwertung oder pauschale Ablehnung „der Anderen“ zum Ergebnis haben, denn Diversity ist Wertschätzung der anderen Seite, auf Gegenseitigkeit.

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