Die Milch macht’s
Am vergangenen Wochenende fand in Berlin zum dritten Mal eine Karrieremesse für „Schwule, Lesben und Heteros“ statt. Laut Angabe des Veranstalters mit einschlagendem Erfolg: 5x mehr Aussteller und Besucher im Vergleich zur Ersten MILK in 2010. Gleichgeschlechtliche Lebensweisen scheinen auch im Arbeitsleben akzeptiert zu sein. Wirklich?
Vor gut zwei Wochen sagte Lord John Browne, BP’s ehemaliger CEO, dass das Business gegenüber Homosexualität intolerant sei und er die Unternehmen drängt mehr gegen die Diskriminierung von Homosexuellen am Arbeitsplatz zu machen. In den Top Firmen, so Browne, gäbe es nur eine kleine Handvoll geouteter schwuler oder lesbischer Führungskräfte. Bei der Suche nach schwulen Vorständen in DAX-Konzernen tut man sich schwer, selbst der Völklinger Kreis kennt aktuell keine schwulen Vorstände. In Gesprächen mit Schwulen in Toppositionen fallen Aussagen wie „ich gehe damit sehr selektiv um“ – „es könnte ein zusätzlicher Punkt gewesen sein warum ich den Job verloren habe“ – „Mein Arbeitgeber möchte nicht, dass das Thema nach Außen kommt“
Ist das nicht ein großer Widerspruch? Unternehmen bewerben lesbische und schwule Talente und doch kann man sich nicht outen, wenn man ganz nach oben will? Wie passt das zusammen?
Vielleicht ist eine Erklärung, dass Lesben und Schwulen, die heute in den Toppositionen sind, einer Generation entstammen in der Homosexualität strafbar war und sie deshalb sich selbst meist nicht trauen sich zu outen. Coming out ist letztlich immer eine persönliche Entscheidung einer oder eines Einzelnen. Keiner kann einschätzen was es für einen anderen bedeutet sich zu outen. Unterschiedliche Erfahrungen im Leben prägen einen Menschen und beeinflussen damit ein Für und Wider und auch die Geschwindigkeit eines Coming out.
Dennoch, es braucht Vorbilder in Führungspositionen und im Top Management für „den kleinen Mann“. Nur dadurch wird ein Unternehmen letztlich glaubwürdig, dass wirklich jede und jeder in der Firma willkommen ist und alle Wege offen stehen, solange die fachlichen Voraussetzungen stimmen.
Auch wenn noch die geouteten Vorbilder fehlen, so gibt es schon einige vorbildliche Unternehmen, die einen ganzheitlichen Diversity Management Ansatz fahren und deswegen auch Initiativen für lesbische, schwule, bisexuelle und transgender Mitarbeitende gestartet haben. Aus diesem Grund haben diese Unternehmen in der Vergangenheit ja auch den Max-Spohr-Preis für ihr herausragendes Engagement bekommen.
Für die anderen Unternehmen, die auf der MILK präsent war, ist die MILK ein möglicher Schritt sich dem Thema zu nähern. Manche von Ihnen scheinen rein die Personalmarketing-Brille aufgesetzt zu haben, ohne wirklich Diversity Management zu betreiben. Aber es wird nicht allzu lange funktionieren die Messe nur als Marketinginstrument zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität verwenden zu können. Die Teilnahme an der MILK macht ja auch Druck: nach innen, weil angestellte Lesben und Schwulen ihr Unternehmen an an der „offenen“ Unternehmenskultur messen werden; Druck nach außen, weil die Bewerber schnell herausfinden werden ob die Sichtbarkeit in der Community glaubwürdig ist.
Auch wenn sich noch nicht alle Lesben und Schwule in Top Positionen outen können, so ist der Schritt sich auf der MILK zu zeigen doch ein gewaltig positiver. Unternehmen zeigen, dass sie offener sind als noch vor einigen Jahren. Und dies wird eine Veränderung im Umgang miteinander anstoßen, dass sich zukünftig auch Personen im Top Management zu ihrer sexuellen Orientierung bekennen können.